Kulturpreis 2001 für die Laienspielschar EbersgönsBUTZBACH/EBERSGÖNS (dö). Die Laienspielschar Ebersgöns ist Träger des mit etwas mehr als 1000 Euro (oder 2000 DM) dotierten Kulturpreises 2001 der Stadt Butzbach.
In einer gut besuchten Feierstunde in der Wendelinskapelle zeichnete Bürgermeister Oswin Veith die seit 1947 ununterbrochen aktive Amateurtheatergruppe nicht nur mit Riesenurkunde und Scheck aus, sondern auch mit der „goldenen Hand“. Diese Trophäe, nach einer Idee der Espaer Galeristin Holde Stubenrauch geschaffen von der Butzbacher Künstlerin Anne Ahlert, werde als Unikat erstmals verliehen und sei künftig integraler Bestandteil des Butzbacher Kulturpreise, betonte das Stadtoberhaupt. Wie Veith im Beisein zahlreicher Mitglieder von Magistrat, Stadtverordnetenversammlung, des Vorstandes des Vereinsrings und weiterer Vertreter des öffentlichen Lebens ausführte, habe der Magistrat am 21. Februar dieses Jahres einstimmig die Laienspielschar Ebersgöns als Preisträgerin 2001 ausgezeichnet. Mit diesem Votum sei man dem Vorschlag der Kulturpreisjury gefolgt. Geehrt werde die mittlerweile 55 Jahre aktive Laienbühne aus Ebersgöns, die nicht nur zwei Tage vor der Premiere ihres neuen Stücks stehe, sondern ganz oben in der öffentlichen Einschätzung: „Sie sind zwar alle Amateure, dafür aber große Profis“. Mit dem Preis ehre man das jahrzehntelange kulturelle Wirken der Gruppe, die sich um die Pflege des heimatlichen Brauchtums und des heimischen Dialekts große Verdienste erworben habe. Zu den 2000 DM Preisgeld (Veith: „Es sind exakt 1022,58 Euro“) komme auch der „Butzbacher Bambi oder Oskar“ hinzu, die von Anne Ahlers aus Lindenholz geschaffene „goldene Hand“, die das Symbol sei für alle künftigen Kulturpreisträger der Stadt. Die Laudatio auf die Laienspielschar hielt anschließendder Ebersgönser und Pohl-Gönser Heimatforscher Werner Reusch, seit einigen Jahren aktives Mitglied der Amateurbühne und als Buch- und Stückeautor mit heimatgeschichtlichem Bezug eine bekannte Größe. Er halte die Laudatio auf ausdrücklichen Wunsch des Bürgermeisters, betonte Reusch und schlug danach einen weiten Bogen zurück in die Vergangenheit bei seiner Spurensuche in Sachen Laientheater. Solange es Gesangvereine und Turnvereine gebe, vor allem seit etwa 1900, gebe es in den heimischen Dörfern und Städten auch Theaterveranstaltungen.Bei den Ebersgönsern reiche diese Laienspiel-Tätigkeit soweit bekannt bis 1922 zurück. In den dreißiger Jahren, bedingt wohl durch die schlechte wirtschaftliche Situation und den vereinspolitischen Einfluss der Nationalsozialisten sei das Interesse spürbar zurück gegangen und in den Kriegszeiten ganz eingestellt worden, bis dann der Ebersgönser Zahnarzt Siegfried Vinnai und der aus der Gefangenschaft heimgekehrte Landwirt und Metzger Richard Jung, übrigens ein echtes Dorforiginal, die Weichen für eine „Kulturgemeinschaft“ gestellt hätten, aus der dann 1947 die Laienspielschar Ebersgöns hervorgegangen sei. Mit Stücken wie „Aal in Gelee“, „Im Weißen Röss’l“. „Der verkaufte Großvater“, „Der Meisterboxer“ oder „Tante Jutta aus Kalkutta“, allesamt Pflichtaufführungen für jede Profibühne, hätten sich die Ebersgönser Amateure im gesamten Umland einen guten Ruf und sich sogar das Lob der überregionalen Presse erworben. Man habe damals nicht nur im eigenen Dorf gespielt, sondern sei in der Umgebung auch „auf Tournee“ gegangen, betonte Reusch, der seine Ausführungen immer wieder mit passenden lustigen Anekdoten aus dem Ebersgönser Theaterleben würzte. Im Jahre 1976 habe man sogar einmal im Rahmen der Butzbacher Theaterabonnements auf der Bühne des Bürgerhauses gestanden, übrigens drei Wochen nach einer Komödien-Aufführung mit dem bekannten Schauspieler Hans-Jög Felmy, zu unschlagbar günstigen Preisen von 6 bzw. 2 DM und dem Stück „Mit Küchenbenutzung“. Neben dem damaligen Vorsitzenden Richard Jung, dessen Mutterwitz und Schlagfertigkeit berühmt war, erwähnte Reusch noch ein weiteres Mitglied, das sich in mehr als 50 Jahren unschätzbare Verdienste erworben habe, den Texter vieler Sketche, Prologe und Lieder, Ewald Wilhelm. Seine Gabe fürs Theater zu schreiben und Theater zu spielen, habe Tausende von Zuschauern fasziniert und begeistert und selbst bei Verantwortlichen größerer Bühnen große Aufmerksamkeit erweckt. Aber Ewald Wilhelm sei seinem Heimatdorf treu geblieben und habe für Ebersgöns ein ergreifendes wunderbares Stück geschrieben.“Der große Brand“ habe von einer verheerenden Feuersbrunst im Jahre 1776 gehandelt und sei anlässlich der 800-Jahrfer von Ebersgöns im Jahre 1997 unter großem Zuspruch aufgeführt worden. Spielstätte bis 1994 sei der Saal der Gastwirtschaft „Zum Löwen“ mit seinem besonderen Flair und der „Tuchfühlung“ zwischen Zuschauern und Akteuren gewesen, ehe man dann nach der Schließung des „Löwen“ in die Turnhalle des TSV Ebersgöns übergewechselt sei. Jedes Jahr im März stehe man dort auf der Bühne und man erfreue sich eines geradezu legendären Zuschauerinteresses. Zu den dieses Jahr insgesamt geplanten neun Vorstellungen, sie seien alle ausverkauft, erwarte man über 2 500 Besucher aus ganz Mittelhessen. Bereits seit 15 Jahren führe man Dialektstücke auf, die man meist aus dem Bayerischen entnehme und umschreibe. Und diese Aufführungen in Mundart seien ein ganz wichtiger kultureller Beitrag, denn im Dialekt zu sprechen, bedeute Heimat, dörfliche Gemeinschaft und Muttersprache: „Diese Art Theater zu spielen soll und darf eigentlich nicht aussterben.“ Die Laienspielschar zähle zur Zeit 33 Mitglieder. Seit 1989 leite Horst Brenner, der Nachfolger des 1999 verstorbenen Richard Jung, den Verein. Brenner sei nicht nur Vorsitzender, sondern auch Souffleur, Organisator und Repräsentant. So ein Engagement sei in der heutigen Zeit nicht immer selbstverständlich. Erwähnenswert, so Reusch, sei auch, dass die Laienbühne jedes Jahr den Erlös ihrer Seniorenveranstaltung in einerHöhe von umgerechnet 2 500 DM einem gemeinnützigen Zweck zur Verfügung stelle. Dem Verein, der auch mitwirkt bei dörflichen Ereignissen und geselligen Veranstaltungen, bescheinigte Reusch in 55 Jahren mit einer solchen Kontinuität und mit einem so großen Erfolg wie keine andere Bühne um Großraum Butzbach gewirkt zu haben: „Für dieses Engagement gebührt ihnen Lob und Anerkennung. Sie haben den Preis verdient“. Auch die Ebersgönser Ortsvorsteherin Monika Wilhelm, sie würdigte die Tatsache, dass sich die Laienspieler gegen die mediale Konkurrenz des Fernsehens durchzusetzen wüssten, und Manfred Schütz, der Vorsitzende des Ebersgönser Vereinsrings hoben die Leistungen des Vereins hervor und freuten sich für die Ehrung, die den Namen des Stadtteils noch mehr bekannt gemacht habe. Am meisten freute sich wohl der 1. Vorsitzende Horst Brenner. Er musste allerdings diejenigen unter den Besuchern vertrösten, die bis jetzt noch keine Karte für das neue Stück „Wo ist die Kette von Henriette?“ besitzen. Man sei total ausverkauft und müsse alle Interessierten aufs nächste Jahr vertrösten, wenn sich auch in der Saison 2003 der Vorhang wieder heben werde, bei übrigens stabilen Preisen: „6 Euro auf allen Plätzen“.