Aus der Dorfgeschichte des Laienspiels

 

Die Aufzeichnungen beginnen mit dem Jahr 1947. Der später in Katzenfurt bei Wetzlar lebende Zahnarzt Siegfried Vinnai brachte eine Anzahl Spieler zusammen und begann mit ihnen Theaterstücke und Laienspiele einzuüben.

Aber es war nicht das erste Mal, dass ein Stück nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges aufgeführt wurde. Altmeister Karl Schmidt hatte bereits 1946 „Schmiedelotte“ zur Aufführung gebracht.

 

Hauptaufführungsort war der Saal des Gasthauses Seip. Einige Stücke gingen auch in der Turnhalle über die Bühne. Die ersten Aufführungen nach dem Kriege wurden sämtlich im Rahmen einer TSV-Veranstaltung durchgeführt. Erst ab 1952 erklärte sich die Laienspielschar zu einem eigenen Verein unter Vorsitz von Richard Jung, der das Amt lange innehatte.

 

Nun ist es irrig anzunehmen, die Laienspieltätigkeit in Ebersgöns beginne erst in den obenangeführten Jahren. In der Butzbacher Zeitung vom 25. Februar 1922 findet sich im Inseratteil folgende Anzeige:

 

                                             TSV EBERSGÖNS

 

         Sonntag, 26. Februar 1922, 3 Uhr:                                     7.30 Uhr abends:

NACHMITTAGS-TANZVERGNÜGEN         THEATER UND TANZ

 

Auch in den folgenden Jahren wurden solche Theaterabende durchgeführt. Sie waren jedoch etwas anders gestaltet als unsere heutigen Aufführungen. Die Spiele wurden eingebettet in eine Großveranstaltung, denen am Nachmittag das Turnen vorausging und am Abend der Tanz mit Musikkapelle folgte. Hier spielten oft die Männer der Reichswehrkapelle aus Gießen zum Tanz auf. Die Pausen zwischen den einzelnen Theaterakten wurden mit Couplet-Vorträgen ausgefüllt. Hier zeigten sich besonders Johannes Wagner, Karl Schmidt und Georg Schier als Meister ihres Faches. Ihre Couplets sind bei vielen Einwohnern unseres Dorfes noch in bester Erinnerung. Die Klavierbegleitung übernahm zeitweilig Karl Jung III., der später Lehrer in Katzenfurt wurde. Die Initiatoren der damaligen Aufführungen waren vor allem Konrad Köhler (heute Pohlgöns), Wilhelm Jung (heute Bürgermeister) und Otto Messerschmidt.

Hier weitere Namen der damals Beteiligten (bei Freuen ist der Geburtsname in Klammer gesetzt): Auguste Glaum (Meser), Helene Hedrich (Jung), Helene Henn (Hedrich), Kath. Hofmann (Glaum), Luise Langsdorf (Wernborn), Anna Schmidt (Linke), Kath. Nagel (Reusch), Kath. Reusch (Langsdorf), Anna Thorn (Glaum),  Karl Jung III., Ludwig Jung, Wilhelm Horn, Karl Hofmann, Karl Meier, Wilhelm Reusch, Johannes Schütz, Kurt Wagler.

 

Als Souffleur fungierte zeitweise Kornrad Hartmannshenn, als Bühnenfriseur der aus Butzbach stammende Fritz Henkelman.

 

Einige der aufgeführten Stücke aus dieser Zeit: „Der Erbförster“, „Wieder daheim“, „Die Erbschaftskeilerei“, „Einer muss heiraten“, „Im Rauchklub Klimmstengel“.

 

Zum Anfang der dreißiger Jahre ging das Interesse an den Laienspielaufführungen zurück. Die Politik mag auch eine gewisse Rolle dabei gespielt haben. Nur hier und da wurden noch ein paar Einakter oder Sketche aufgeführt .Der Zweite Weltkrieg brachte jegliche Vereinstätigkeit zum Erliegen. Erst danach ging es wieder voran. Es wurde nun, von geringen Ausnahmen abgesehen, in jedem Winterhalbjahr ein Stück einstudiert und aufgeführt.

 

Ungefähr zwei bis zweieinhalb Monate vor dem Aufführungsdatum wurde das Stück bestellt und mit dem Einstudieren begonnen. Am Anfang stand immer ein mehrmaliges gemeinsames Durchlesen des Stoffes. Erst danach ging es auf die – zunächst noch behelfsmäßig hergerichtete Bühne. In den letzten Jahren kam uns der Umstand zu gute, dass die Gemeinde Ebersgöns ein Dorfgemeinschaftshaus errichtet hat. Dort konnten in einem geheizten Raum die ersten Lesungen und das vorläufige Einstudieren des Stückes vorgenommen werden.

 

Ungefähr vier Wochen vor dem Aufführungstermin muss die Bühne „stehen“, das heißt, sie muss vollständig aufgebaut sein. Hierzu war und ist die Mitarbeit aller Mitspieler erforderlich. Die Bühnenutensilien konnten wir in der alten Scheune bei Frau Lina Jung unterbringen. Durch diese nahe Unterbringungsmöglichkeit wurde ein zeitraubender Transport vermieden und ein rascher Aufbau gewährleistet. 1958 folgte Siegfried Vinnai in seiner Eigenschaft als Zahnarzt einem Ruf nach Katzenfurt und stellte daher seine Mitarbeit in der Laienspielschar ein. Von dieser Zeit an übernahm Mitspieler Ewald Wilhelm die Einstudierung der Spiele. Das Schminken der Spieler liegt seit einer Reihe von Jahren in den Händen von Friseurmeister Eugen Binzer und Gattin aus Pohlgöns.

 

Nicht nur vor heimischem Publikum, sondern auch auswärts stellte die Laienspielschar ihr Können unter Beweis. So wurde das Stück. „Im Weißen Rössl“ nach der Erstaufführung in Ebersgöns in den Nachbarorten Hochelheim, Hoch-Weisel und Volpertshausen auf die Bühne gebracht. In Pohlgöns gastierten wir mit „Das Heiratsinserat“ und „Kein Auskommen mit dem Einkommen“. Schließlich konnten wir in Kirchgöns „Als ich wiederkam“ und in Oberwetz „Pension Schöller“ aufführen.

 

Von manchen Krisen erschüttert hat doch die „Laienspielschar Ebersgöns“ ihre Stellung im Vereinsleben unseres Dorfes halten und festigen können. Trotz aller modernen Massenmedien, wobei ganz besonders auf das Fernsehen zu verweisen ist, ist unsere Spielschar bei den Dorfbewohnern das geblieben, was sie immer sein wollte: Ein unterhaltsamer Freudenspender für alle, die Natürlichkeit und Begeisterungsfähigkeit für eine gute Sache in unserer nüchternen Welt zu schätzen wissen!